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13. - 15. November 2014, jeweils 19 Uhr // Eintritt frei

AFRICAN CINEMA SERIES III 

In Zusammenarbeit mit der Kuratorin und Filmwissenschaftlerin Marie-Hélène Gutberlet setzt der Portikus die Reihe African Cinema Series fort und zeigt die nahezu vollständige Werkschau von Djibril Diop Mambety, einer der eigensinnigsten Figuren des Kinos der 1960er bis 1990er Jahre

Über drei aufeinander folgende Abende werden die Filme des Filmemachers, Erzählers, Dichters, Komponisten und Schauspielers im Portikus zu sehen sein. Djibril Diop Mambety realisierte wenige, in Senegal und international bislang nur einem kleinen Kreis von Kennern bekannte Filme, die für ihre radikale und experimentelle Machart ebenso geschätzt werden wie für ihre surreal brüchige, vom Sound vorangetriebene Filmsprache. Mambetys neuer urbaner Stil mit subversiven Untertönen kam zeitgleich mit den radikalen Impulsen des Kinos der 1960er Jahre zum Tragen. Seine Filme verbinden eine ganze Palette an Einflüssen aus Film, Theater, Kunst und Musik, welche die Komplexität, den Kunstsinn, Humor und Pathos seiner Filme füttern. Mambety arbeitete eng mit seinem Bruder, dem Musiker und Komponisten Wasis Diop, zusammen, der viele Filmmusiken realisierte, darunter die für Mambetys Film Hyènes, für La petite vendeuse du Soleil und den Remake The Thomas Crown Affair. Etwas von der Explosivität der Filme Mambetys schwingt im Debüt-Film von Mati Diop, der Nichte des 1998 in Paris verstorbenen Filmemachers, mit. Mati Diop drehte Mille Soleils 2013 in Anlehnung an den berühmtesten der Mambety-Filme, Touki Bouki – teils Spurensuche, teils aber auch Fortsetzung und Projektion eines zukünftigen neuen Avantgarde-Kinos.

 

DONNERSTAG, 13. NOVEMBER, 19 UHR

Dakar, Senegals Hauptstadt, ist in Mambetys Filmen eine Art aufgeladene Trägersubstanz, ein Resonanzraum, durch den Streuner, Stadtneurotiker und Liebende sich bewegen. Die Spaziergänger der Filme geben sich Tagträumen hin, imaginieren sich weg. Die einen bleiben, die anderen gehen. Contras’ City, Mambetys erster Film, kommentiert die kolonial geprägte geteilte Stadt, die Dakar 1968 war, mit der reichen, französisch anmutenden Stadt auf der einen Seite und dem armen „indigenen“ Teil andererseits. Mati Diop in Mille Soleils sucht nach den Figuren der alten Filme, sie findet sie, lässt uns aber darüber im Unklaren, wie real oder fiktiv ihre filmische Fortsetzung von Touki Bouki ist, der als einer der innovativsten Filme des afrikanischen Kinos gilt.

Contras’ City 1968, 21’ (ursprünglich 16mm)
Regie, Buch: Djibril Diop Mambety, Produktion: Kankourama, Kamera: Georges Bracher, Musik: Djimbo Kouyaté, Schnitt: Jean-Bernard Bonis, Marino Rio, mit Inge Hirschnitz, Djibril Diop Mambety.

Mille Soleils 2013, 45’
Regie, Buch: Mati Diop, Kamera: Mati Diop und Hélène Louvart (Video und 35mm), Produktion: Corinne Castel, mit Magaye Niang, Ben Diogaye Beye, Wasis Diop und Mareme Niang.

Touki Bouki 1973, 95’ (ursprünglich 35mm)
Regie, Buch: Djibril Diop Mambety, Produktion: Cinegrit / Studio Kankourama, Kamera: Pap Samba Sow, Musik: Josephine Baker, Mado Robin, Aminata Fall, Schnitt: Siro Asteni und Emma Mennenti, mit Magaye Niang und Mareme Niang.


FREITAG, 14. NOVEMBER, 19 UHR

Mambetys erster Spielfilm Badou Boy inszeniert eine wilde Jagd durch die Stadt. Im Hauptpersonal (ein „bad boy“, ein kleinkrimineller Großstadtcowboy, und ein Polizist) mischen sich Slapstick und psychedelischer Surrealismus, bissiger sozialkritischer Kommentar und ein unübersetzbares Stadtrauschen. Hyènes ist eine außergewöhnliche Adaptation des Dürenmatt’schen Theaterstücks „Der Besuch der alten Dame“ und wird oft als Fortsetzung von Touki Bouki betrachtet, denn auch dieser Film dreht sich um eine junge Frau, die Jahre zuvor Senegal verlassen hat. In Hyènes kommen mit der Beteiligung von Wasis Diop, Issa Samb, Mansour Diouf, Mambety selbst und anderen eine künstlerische Avantgarde-Szene und auch sehr früh die diskursiven Stränge der postkolonialen Kritik sowie der transkulturellen Aneignungen und Verstrickungen zusammen. Als Parabel auf die globalisierten Verhältnisse treibt Hyènes jedoch das Spiel wesentlich weiter als die simplen Gegenüberstellungen von Moderne hier und Tradition dort, Europa hier und Afrika dort. Der Film durchkreuzt dieses binäre Denken mit exzessivem Lebenshunger und Tötungsgelüsten, der Begierde der Macht und ihrer Verführungskraft.

Badou Boy 1970, 56’ (ursprünglich 16mm)
Regie: Djibril Diop Mambety, Buch: Djibril Diop Mambety und Inge Hirschnitz, Produktion: Djibril Diop Mambety & Kankourama, Kamera: Baïdi Sow, Musik: Lalo Dramé, Chansons: Christophe Colomb, Schnitt: Andrée Blanchard, mit Djara Djimbo, Moustapha Touré, Momar Thiam, Assy Dieng, Anta N’Doye, Yoni Gueye, Barraud, Gaby Diallo, Djibril Diop Mambety & Langouste, Lamine Ba, All Demba Ciss.

Hyènes / Hyenas 1992, 113’ (ursprünglich 35mm)
Regie, Buch: Djibril Diop Mambety nach dem Stück „Der Besuch der alten Dame“ von Friedrich Dürrenmatt, Produktion: Pierre-Alain Meier, Alain Rozanès, Kamera: Matthias Kälin, Musik: Wasis Diop, Schnitt: Siro Asteni und Loredana Cristelli, mit Ami Diakhaté (Linguere Ramatou), Djibril Diop Mabety, Mansour Diouf (Dramaan Drameh), Calgou Fall (der Priester), Faly Gueye (Mme Drameh), Mamadou Mahourédia Gueye (der Bürgermeister), Issa Samb (der Professor).




SAMSTAG, 15. NOVEMBER, 19 UHR

Die zwei letzten Filme Mambetys, Le franc und La petite vendeuse du Soleil, sind zwei Flügel einer unvollendeten Trilogie der „Geschichten der kleinen Leute“ (histoires des petites gens). La petite vendeuse du Soleil wurde unter der Leitung der Schweizer Produzentin Silvia Voser posthum fertig gestellt. Lustig und ergreifend, exzentrische Figuren, die Vision des großen Glücks und der totalen Verzweiflung, alles ganz nahe beieinander. Man könnte auch sagen, dass es zwei Filme über Musik sind – als Sujet, als Narrativ und Lebenselixier, als Fokus eines analytischen Filmemachens, das auf allen Ebenen mit Doppeldeutigkeiten arbeitet. Wo „franc“ offen und ehrlich meint, aber auch das blanke Geld, „la petite vendeuse“, die kleine Verkäuferin, das Kind, die Kleinwüchsigen und Geschrumpften einschließt, wo Weisheit und Verrücktsein keinen Gegensatz bilden und der Film mehr weiß als seine Figuren, aber die Figuren auch mehr sind als im Film, der eine kleine Schnittmenge verschiedener narrativen Optionen darstellt.

Le franc 1994, 45’ (ursprünglich 35mm)
Regie, Buch: Djibril Diop Mambety, Produktion: Silvia Voser / Waka Films, Kamera: Stéphan Oriach, Musik: Issa Cissokho, Dieye Ma Dieye, Schnitt: Stéphan Oriach, mit Demba Bâ, Dieye Ma Dieye (Marigo) und Aminata Fall (Landlady)

La petite vendeuse du Soleil / The Little Girl Who Sold the Sun, 1999, 45’ (ursprünglich 35mm)
Regie, Buch: Djibril Diop Mambety, Produktion: Waka Films / Maag Daan / Renardes Production, Kamera: Jacques Besse, Musik: Wasis Diop, Schnitt: Sarah Taouss-Motton, mit Lissa Baléra, Tayerou M’Baye, Oumou Samb, Moussa Baldé, Dieynaba Laam, Martin N’Gom.

 


Alle Filme werden von DVD in Originalfassung mit englischen Untertiteln gezeigt.


Portikus / Alte Brücke 2 / Maininsel / 60594 Frankfurt/Main
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Eine Kooperation von vagabonding reel to real mit dem Portikus. Mit der finanziellen Unterstützung der Hessischen Filmförderung.

reel to real

LOGO_PORTIKUS

 

Hessische Filmförderung

tulpe

Detail des Posters zum Film Touki Bouki, 1973

 


Wer und was ist reel to real?
reel to real ist der einzige dem Experimentalfilm gewidmete Filmabspielkontext im Frankfurt/Main.
Seit 2003 werden jährlich 8 Filmveranstaltungen ausgerichtet, zumeist thematisch gehaltene Filmabende, selten monografische Programme. Schwerpunkt der gezeigten Filme bilden kurze und selten gezeigte Dokumentar- und Spielfilme, vor allem aber der Experimentalfilm aus den Film-Avantgarden, dem Bereich des Kunstfilms und der Videokunst. Die Maxime, die Filme - wenn möglich - im Originalformat zu zeigen, haben die Kuratorinnen über die Jahre beibehalten.
Die Vorführsituation und die Verschiedenheit der projizierten und installierten Filmformate sind Gegenstand der kuratorischen Arbeit.
Bei reel to real sind auch immer wieder Filmemacherinnen und Filmemacher, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Gastkuratorinnen und –kuratoren eingeladen, in Vorträgen und Werkstattgesprächen zu Filmen und ihrer Arbeit zu sprechen. Dazu hat reel to real Veranstaltungen gemeinsam mit nationalen und internationalen Filminitiativen und Archiven durchgeführt.
reel to real wurde 2003 als autonom kuratierte Filmreihe für das Künstlerhaus Mousonturm Frankfurt/Main von Kathrin Brinkmann und Marie-Hélène Gutberlet ins Leben gerufen. Seit 2010 gehört Gaby Babić zum Kuratorinnen-Kollektiv.
reel to real wird von 2012 an als unabhängige Reihe vagabonding real to real an wechselnden Orten fortgesetzt.